Über Hoffnung, Satellitenverbindungen, Facebook und natürlich Ebola

Veröffentlicht am 18.05.2015.

Als letztens jemand die gemeinnützige Organisation NetHope erwähnte, habe ich nach Nennung des Namens absichtlich weggehört. Nicht dass ich NetHope kannte oder Negatives mit der Organisation verbinde – nein, der inflationäre Gebrauch des Wortes „hope“ in gefühlt fast jedem NGO-Namen geht mir auf die Nerven. HOPE, Just Hope, Hope International, Children's Hope, World Hope International und nun auch NetHope. Selbst Produkte werden nicht von der Etikettierung verschont: so wird aus einem handelsüblichen Wasserfilter ein „filter of hope“. Ich bin mir bewusst, dass mein Arbeitgeber auch dieses Wort im Namen trägt und vor meiner Anreise hat es mich auch nicht so gestört; jetzt zum hoffentlich nahenden Ende der Ebolakrise werden die medizinischen Organisationen durch eine Ballung von Hoffnungsbringern abgelöst.

Die Hoffnung stirbt zuletzt, so sagt man, und auch in Sierra Leone ist das so. „Wir hoffen und beten, dass ..“ - so fangen viele Sätze an, die ich in meinen täglichen Gesprächen höre. Hoffnung ist das, was die Menschen jetzt dringend brauchen und wenn die NGOs diese mit ihrer Arbeit bringen, treffen sie den Kern des Problems. Aber tun sie das? Bringt man Hoffnung, wenn man diese kurz aufglimmen lässt und die Menschen dann enttäuscht in ihrem Elend zurücklässt? Benutzen wir das Wort Hoffnung vielleicht eher für uns, diejenigen, die meinen die Hoffnung zu bringen? In der Zwischenzeit habe ich schon viel von sogenannter Entwicklungsarbeit mitbekommen und längst nicht alles, was wir uns aus unserer westlichen Perspektive als hoffnungsbringend erdenken, wird auch von den Menschen hier so empfunden. Manchmal sehen die Einheimischen schlichtweg den Zusammenhang nicht, im Beispiel des Wasserfilters ist es mir zum Beispiel aufgefallen.

Eine ähnlich leere Worthülse erwartete ich von NetHope. Ich vergaß den Namen recht schnell wieder und erfreute mich kurze Zeit später über eine neue, für afrikanische Verhältnisse unglaublich schnelle Internetleitung, die in unser Büro und auch mein Zuhause gelegt wurde. Ich muss täglich Fotos hochladen, Emails verschicken und Dinge recherchieren. Manchmal habe ich pro Foto eine Stunde Ladezeit einrechnen müssen und konnte in der Zwischenzeit keine weitere Webseite öffnen. Am vorletzten Wochenende habe ich 200 hochauflösende Fotos in vier Stunden hochgeladen und dabei Musik auf Youtube gehört!

Dass all das auf NetHope zurückgeht, habe ich erst in der letzten Woche erfahren, als ich einige Meinungen zur neuen Internetverbindung einholen sollte. Denn nicht nur im Büro von World Hope International wurden neue Modems installiert: Auch in der Kommandozentrale von Makeni, von der alle Ebolaaktivitäten ausgehen, wurde eines installiert, genauso in den örtlichen Krankenhäusern, im Ebola-Behandlungszentrum vom Distrikt Bombali und in der Gesundheitszentrale des Ministeriums. Insgesamt wurden in den drei betroffenen Ländern Guinea, Liberia und Sierra Leone insgesamt mehr als 120 breitbandfähige mobile Endgeräte installiert sowie 50 VSAT (mobile Satellitensysteme). Zusätzlich wurden die Leitenden in sämtlichen Bereichen der Ebola-Bekämpfung mit Tablets ausgestattet, mit denen sie Daten direkt digitalisieren können, anstatt wie zuvor immer erst auf Papier festzuhalten, um sie dann auch postwendend verschicken zu können.

Ich war sehr beeindruckt zu erfahren, wie viel diese verbesserte Kommunikationstechnologie in der kurzen Zeit verändert hat. Und habe mir ausgemalt, was sie hätte bewirken können, wenn sie die drei Länder schon früher erreicht hätte.
- Die Ebola-Behandlungszentren und Krankenhäuser können nun besser und schneller miteinander in Verbindung treten, auch für die Recherche von Krankheiten und Behandlungsmethoden setzt das Krankenhauspersonal die Tablets ein.
- Die psychologischen Betreuer und die Ebola-Behandlungszentren stehen miteinander in Verbindung und ermöglichen es, dass Patienten und ihre Familien, die in der Regel unter Quarantäne stehen, über Videochat oder aufgenommene Videonachrichten miteinander kommunizieren können. Dadurch verstärkt sich das Vertrauen in die Behandelnden und so mancher Patient gewinnt neuen Lebensmut, gegen die Krankheit zu kämpfen.
- Die Beerdigungsteams können ihre Arbeit nun zentralisiert über den gesamten Distrikt koordinieren und arbeiten damit schneller und effizienter.
- Die Kontaktsucher, die von jedem bestätigten Fall ein Bewegungsprofil erstellen und Kontaktpersonen unter Quarantäne stellen, sagen auch, dass sie mit der neuen Technologie schneller und effizienter arbeiten können und damit Ausbruchsherde schneller eindämmen können.
- Die verbesserte Kommunikation hat zu mehr und einer engeren Verstrickung der Kommunikation landesweit in Sierra Leone geführt, was unter anderem dazu führt, dass Best-Practice-Beispiele schneller und mehr Personen zuteil werden.

Ich muss mein vorschnelles Urteil über NetHope revidieren und auch wenn dieses Projekt mit seiner dreimonatigen Laufzeit nicht als langfristig gelten kann, so schafft es doch das zu vermitteln, was wir alle schon versuchen seit Wochen zu hoffen: dass das Ende von Ebola naht - weil die technische Verbesserung der Kommunikation auf so vielen Ebenen greift und vor allem dort, wo vorher Schwachstellen waren. Mark Zuckerberg stand durch die sich ständig verschlechternden Datenschutzbestimmungen auf Facebook nicht auf meiner persönlichen Beliebtheitsliste berühmter Persönlichkeiten. Mit der scheinbar sehr großzügigen Spende für NetHope muss ich auch diese Meinung, zumindest teilweise, revidieren.


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Überlebt - das Leben nach Ebola

Veröffentlicht am 18.05.2015.